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Deutsche Langschnäblige Tümmler: Entstehungsgeschichte und neue Farbenschläge

German Long-Faced Highflier: Origin and new Colorations (see below)

Wenn man den Beitrag der deutschen Züchter zur Rassetaubenzucht betrachtet, dann denkt man sofort an die Fülle der schon um 1600 in Blüte stehenden Farbentauben und der damit etwas später verwobenen Trommeltaubenrassen. Zeitlich danach stellen sicher auch die ostdeutschen und damit zusammenhängenden Berliner und Hamburger kurzschnäbligen Tümmler einen Meilenstein der Züchtungskunst dar. Die deutschen Kurzschnäbler  wurden im 19. Jahrhundert ausgeformt. Zeitlich wiederum später ist  als weiterer Höhepunkt die Erzüchtung der modernen langschnäbligen Tümmler zu nennen. 

                             

Deutsche Langschnäblige Tümmler weiß (Fotos und Zucht Uwe Held)

Diese hat um und kurz nach 1900 begonnen. Über die genaue Entstehungsgeschichte ist allerdings nicht viel Verlässliches aus der gängigen Literatur zu erfahren. Auch die mit viel Gefühl und Verständnis für die „Langen“ geschriebenen Bücher von Zurth lassen die Entstehungsgeschichte weitgehend im Dunkeln. Durch die Werke von Frisch, Bechstein, Buhle und andere wissen wir immerhin, dass es die Langschnäbler zu ihrer Zeit, also vor 1800 und in den ersten 50 Jahren danach auch nicht ansatzweise in der heutigen Form gegeben hat.  Die Bücher von Gustav Prütz 1885 und Bruno Dürigen in der 1. Auflage 1886 und der zweiten 1906 sowie die durch Lavalle und Lietze 1905 und von Oskar Wittig 1922 herausgegeben Sammelbände vermitteln mit zahlreichen Abbildungen und später sogar Fotos eine Vorstellung über die Vorformen.

                         

Hannoverscher oder Celler Weißschlag, Braunschweiger Bärtchentümmler und Kopenhagener Weißschlag bei Prütz 1885 (linkes Bild) und Englisches Bärtchen, Braunschweiger Bärtchen, Almond und Stipper bei Dürigen 1886 und 1906

Bei Dürigen waren Bärtchentümmler, Hannoversche Tümmler, Bremer, Celler, Dänische, die Krakauer oder Galizischen Elstern, Stralsunder und Danziger Tümmler auch noch 1906 auf den Abbildungen kaum voneinander zu unterscheiden. In der Schnabellänge wiesen sie den Abbildungen zufolge nur zwei bis drei mm mehr an Länge als die Felsentaube auf,  gemessen zwischen Schnabelspitze und Mundwinkel, ein in der Literatur oft genutztes Maß. Die genannten Rassen wurden auch im Text als eine mehr oder weniger eng zusammengehörende Rassegruppe verstanden. Unterschiede bestanden  im Flugverhalten, da die Hannoverschen und Bremer Tümmler als ausgezeichnete Soloflieger beschrieben werden, während die anderen überwiegend Truppflieger waren. Die Vorfahren dieser Rassen sind zum einen über Dänemark in den norddeutschen Raum und später weiter gen Osten gelangt, und zum anderen aus den Niederlanden gekommen, was sich auch in einigen alten Bezeichnungen niedergeschlagen hat. Bälge von Tümmlern aus den Jahren um 1890 bestätigen den Eindruck, den die Abbildungen in den genannten Werken vermitteln. Die erste Rasse, die von der Umwandlung zum Langschnäbler erfasst wurde, waren die in Berlin vorhandenen dunklen Blaubunten. Aufbauend auf einen Stamm langschnäbligerer Tauben des kgl. Tänzers Gasperini, in denen vermutlich auch schon Bagdettenblut floss, wurden daraus nach 1850 mit Hilfe Französischer Bagdetten und Brünner Kröpfer schon etwas höher stehende und längerschnäblige Berliner Lange entwickelt.

Krakauer Elster, Hannoverscher Soloflieger, Danziger Hochflieger und Berliner lange Blaubunte bei Dürigen 1906

In den Abbildungen bei Lavalle und Lietze deutet sich 1905 bei den Berliner Langen, aber auch bei den Bärtchentümmlern und Stralsundern sowie den früheren Galizischen und heutigen Polnischen Langschnäblern  die weitere Entwicklung im Hinblick auf die Standhöhe und die Schnabellänge an. Durch die damaligen Galizier oder Krakauer Elstern ist die Entwicklung der modernen Langschnäbler auch immer im Austausch mit polnischen Züchtern geschehen und mit der Leistung polnischer Züchter untrennbar verbunden. Bei Lavalle und Lietze findet man auch etwas, was für England typisch war, in Deutschland bis dahin aber nicht existierte, nämlich zum Teil die Rassemerkmale überzeichnende und damit für die Züchter richtungsweisende Abbildungen, markant die idealisierte Kopfstudie einer Berliner Langen in dem durch Eugen Heygen-Berlin geschriebenen Beitrag. In der plastischen Vermittlung von Zuchtideen liegt auch die Bedeutung der Farbtafeln im Schachtzabel (etwa 1911). Die Entwicklung zum wirklichen Langschnäbler hat damit früher eingesetzt als die parallele Erzüchtung der modernen Englischen Elster, die in England bei der Vorstellung 1910 eine Sensation darstellte und auch die weitere Entwicklung in Deutschland mit beeinflußt, aber nicht ausgelöst hat. Auf der Grundlage der Musterbilder konnten sich die heutigen Langschnäbler zu eigenständigen Rassen entwickeln bzw. auseinander entwickeln. Gemeinsam haben sie den langen Schnabel und das lange Gesicht, in den Details gibt es bedeutende Unterschiede. Die Entwicklung ist Abbildungen bei Wittig in den 20er Jahren nach zu urteilen ähnlich schnell wie bei der Modernisierung der Englischen Elster verlaufen.

Langschnäbliger Elstertümmler aus Wittig (1925)

Wenn man im von Richard Seliger herausgegebenen Tümmlerteil  des Werkes von Wittig Abbildungen aus den 20er Jahren aus der Zucht von C. Boenschen-Cöln sieht, dann wird verständlich, warum viele Züchter immer noch davon ausgehen, dass schon 100 Jahre davor ähnlich ausschauende Tauben existiert haben müssen. Für den, der den Grundsatz  des Begründers der Deutschen Rassegeflügelzucht, Robert Oettel, „züchtet rein und züchtet echt“ verinnerlicht hat, ist das auch nicht zu begreifen. Kreuzungen und Auslese und wahrscheinlich eine schnelle Generationsfolge im Wettstreit der Züchter waren das Erfolgsgeheimnis. Zu den Langschnäblern zählen heute nach der Musterbeschreibung neben den Deutschen Langschnäbligen Tümmler, die Bärtchen, Elstern und Einfarbige sowie Weißschwänze und Weißschlag-Weißschwänze sowie Gestorchte als Untergruppen vereinen, auch die Kasseler Tümmler, Stralsunder, die Polnischen Langschnäbler und die Berliner Langen. Die anderen oben genannten Rassen wie die Hannoverschen Tümmler haben die Entwicklung z.T. nicht mitgemacht und gelten heute als Mittelschnäbler. Letzteres gilt auch für die Dänischen Tümmler, die man dem Augenschein nach allerdings eher mit dem Kasseler als mit dem Hannoverschen Tümmler in eine Gruppe setzen würde.

Mit der Trennung der ursprünglichen Langschnäbler in deutlich unterscheidbare Rassen und dem Aufstellen von Musterbeschreibungen Anfang des 20. Jahrhunderts wurden auch einzelne Färbungen zum Teil bestimmten Rassen zugeordnet oder gingen auch ganz verloren. So galten bei den Dänischen Tümmlern Weiße lange als verpönt, da es „schlechte Stralsunder seien“, die diesen Farbenschlag für sich beanspruchten und nur in diesem vorkommen. Einfarbige Dänische Tümmler wurden generell erst spät entwickelt und populär. Weißschläge wurden den Kasselern vorbehalten. Konnte man 1856 in der Korth‘schen Taubenzeitung noch ganz allgemein etwas über die Preise von Tümmlern tiger, mehlfarben, elsterbunt etc. ohne Hinweis auf eine weitere Rassezugehörigkeit lesen, so gab es Tiger bei Schachtzabel 1911 und in den entstehenden Musterbeschreibungen nur noch bei den Dänischen Tümmlern, die auch das Monopol für die Grau-, Braun- und Gelbstipper erhielten. Gestorchte waren im deutschen Standard gar nicht enthalten, existierten zeitgleich aber wohl in Polen als lokale langschnäblige Rassen.

   

Deutsche Langschnäblige Tümmler getigert schwarz und weiß (Zucht und Fotos Uwe Held)

Den verloren gegangen Farbenschlag gestorcht hat in den 1980er Jahren Gustav Liefke aus Neumünster bei den Deutschen Langschnäbligen Tümmler wieder zur Anerkennung gebracht. Die den Dänischen Tümmlern zugeordneten Getigerten wurden jetzt durch Uwe Held mit Hilfe Dänischer Tümmler herausgezüchtet und stellen eine weitere Bereicherung der  Farbenschlagpalette dar. Mit der Übernahme des Tigerfaktors von den Dänischen Tümmlern wird auch der Anschluß zur alten Rassegruppe wieder hergestellt.

Über die unterschiedlichen Tigerungen bei Tauben sind wir durch eine nicht lange zurückliegende Recherche von Andras Leiss (2006) gut informiert. Für die Zucht wichtig scheint die Erfahrung der Züchter Dänischer Tiger, dass diese nicht, wie bei einigen anderen Rassen, durch Paarung von Schwarzen mit Tigern gezogen werden, sondern untereinander gepaart werden können. Die Ausstellungstiere sind damit reinerbig. Das bedeutet, dass reinerbige Tiger nicht automatisch zu hell werden, wie es bei reinerbigen „Tiger-Grizzle“ der Fall ist. Auffällig und typisch ist auch der vom übrigen weitgehend weißen Körpergrundgefieder stark absetzende schwarze Kopf, den man so bei anderen Tigern nicht findet.

German Long-Faced Highflier: Origin and new Colorations

The German Long-Beaked or Long-Faced Highflier was developed within a very short period from a tumbler of a beak-length similar or slightly longer than a field pigeon. Extreme long faced tumblers were not mentioned by Frisch, Bechstein, Buhle and also not in the foreign literature. Thus we can assume that they did not exist in the eighteens century and the first half of the nineteens. Prütz (1885) and Düringen (1886, 1906) mentioned several of the today long beaked breeds and also used the term “long-beaked”. However, the illustrations in their books show that those birds were not long-beaked in the understanding of today. The first tumbler breed with the tendency for a higher stand was the Berlin Lange due to crosses with French Bagdettes and Pigmy Pouters. At the turn of the century also other breeds like the today German Long-beaked Highflier, but also the Kasseler, the Stralsund and the Polish Magpie Tumbler followed. The development must have been similar rapid as in England at the development of the modern English Magpie Tumbler by crossing with French Bagdettes. The first Modern Magpies according to Levi were presented in 1910. Photos in the volume “Taubenrassen” edited by Lavalle and Lietze 1905 and also illustrations in the second edition of Düringen’ book demonstrate the progress in the German breeds. Photos in the Tumbler part of the book edited by Wittig about 1925 still contained photos of near to perfect birds, unbelievable for those not familiar with genetics. The standards for the different breeds developed about 1900 in part excluded at that time rare colorations, thus e.g. storked Long-Beaked Tumblers and Tigers were missing. About 1985 storked Long-Beaked Tumblers were revived by Gustav Liefke and now Uwe Held presented black tigers, created by the related black Danish Tigers. On the genetics of “Tiger” Andreas Leiss in 2006 gave a report with reference to different breeds. According to him based on information from breeders the Danish Tigers are homozygous tigers, thus their tiger-gene is not identical with tiger-grizzle since pure tiger grizzle become near to white. With their black head they are also phenotypical different.