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Die Herauszüchtung von Almonds und Vielfarbigen bei Haustaubenrassen

Wie kann ich in meiner Rasse gute Almondfarbene züchten? Die meisten, die das fragen, wollen gar keine Almonds im Sinne des Standards und des ersten Standards für den Almondtümmler aus dem Jahr 1764 züchten.

Abb. 1: Standard für den Almondtümmler von 1764

Abb. 2: Englischer Short Faced Almond-Tümmler bei Eaton 1851

 

Die Erzüchtung von Vielfarbenen und Stippern in einer Rasse

Die meisten Züchter wollen bunte, gefleckte Tauben, die sie bei etwas beiger Grundfarbe Almonds nennen. Von ihnen erwarten sie einen großen Prozentsatz gleich gefärbter Nachkommen und nicht nur Einzeltiere. Vielleicht besser ‚Almonds-Light‘ als klassische Almonds! Diesen Züchtern kann schnell geholfen werden. Der die Sprenkelung und eine Aufhellung der Farbe bewirkende Stipperfaktor St ist geschlechtsgebunden dominant (Christie und Wriedt 1925). Man braucht nur ein Tier mit diesem Faktor, am besten einen Täuber, und erhält bei der Verpaarung mit Blaugehämmerten, Roten und anderen zur Hälfte eine ganze Palette von Stippervarianten.

Abb. 3: Dänischer Tümmler Stipper gelb und Kreuzungstiere mit einfarbigen Pommerschen Schaukappen auf dem Weg zu Sprenkeln

Meist sind die ersten Stipper von weißlicher Grundfärbung (Abb. 3). Diese können in der Folge durch Paarungen an Tiere mit Bronzefaktoren farblich angereichert werden. Zwei Stipper sollte man wegen des letalen Effektes bei Reinerbigkeit der Täuber ohnehin nicht untereinander verpaaren. Die Rückpaarung dieser Stipper an die eigene Rasse wird weitere Stipper mit Verbesserungen in den jeweils gewünschten Rassemerkmalen ergeben. Bei der Zucht auf Weiße mit schwarzen Stippen wird man gegen die Farbe selektieren und bevorzugt mit Schwarzen paaren.

Abb. 4: Von Dänischen Stippern zu Blau- und Schwarzsprenkeln

 

In den Rassetaubenstandards nennt man die Farbenschläge Vielfarbige, Sprenkel oder Stipper. In einigen Rassen gibt es unter den Vielfarbigen auch solche mit einer braun-gelben Grundfärbung, die der Almondfärbung entspricht. Man findet sie bei Debreciner (Abb. 5) und Orientalischen Rollern. Die etwas irritierend Braun- und Gelbstipper (Abb. 5) genannten Dänischen Tümmler entsprechen ihnen auch weitgehend, wobei in Schwingen und Schwanz auf hellem Grund meist nur schwarze Flecken, und keine braun/gelben zu finden sind.

 

Abb. 5: Debreciner Tümmler vielfarbig und Dänische Tümmler Gelbstipper mit golddun Täubin

 

Die Erzüchtung von Almonds in der klassischen Definition in einer Rasse

Almonds im eigentlichen Sinn mit der im Standard verlangten intensiven gelben (almondfarbenen) Grundfärbung, der schwarzen Stippung und Dreifarbigkeit in Schwingen und Schwanz, sind eine andere Angelegenheit als die Zucht von Stippern und Sprenkeln. Einführen könnte man den Faktor wieder durch Paarung mit einem gut gefärbten Almond oder DeRoy der Englischen Short Faced. Dieser bringt neben dem Stipperfaktor auch die weiteren notwendigen Farb-Modifikatoren in die Rasse ein.

 

 

Abb. 6: Englischer Short Faced Almondtümmler, alter schon stark in Schwingen und Schwanz nachgedunkelter Täuber und Rot-Agate, Kite und Almond aus dem Buch ‚Pigeon Genetics‘

 

Bei dem oft empfohlenen weiteren Vorgehen, die Paarung zweier Jungtiere der F1 untereinander, sind die erforderlichen Modifikatoren schnell wieder aus der Rasse ‚ausgemendelt‘. Erhalten könnte man die Färbung durch Rückpaarung an einen Kite. Die Rückpaarung ist für die gewünschten Rassemerkmale ein großer Rückschritt, hilft aber, die komplexe Färbung zu bewahren. Zahlreiche Nachkommen, nochmalige Rückpaarungen und strenge Selektion können zum Erfolg führen. Es überfordert in der Regel aber den Züchter.

Almond und/oder Vielfarbene?

In Deutschland nennt man Stipper mit beiger und gelblich-bräunlicher Grundfärbung ‚Vielfarbige‘. Das lässt einen relativ großen Spielraum, der bei Orientalischen Rollern ausgeschöpft wird (Abb. 7).

 

  

 

Abb. 7: Variantenreichtum der Vielfarbenen bei Orientalischen Rollern auf deutschen Schauen, von Almond-Mimic bis leicht Beige mit leichter Stippung

Dieser Spielraum wird mitunter auch überstrapaziert durch unregelmäßige Schecken, bläuliche Farben mit schon in jungen Jahren einfarbig blauen Schwänzen, die man genetisch für Hickory-Farbene hält (Abb. 8 rechts), dominant rot erscheinende Färbungen und schließlich Schimmelvarianten (Abb. 8 links), ähnlich den Dreifarbigen bei Portugiesischen Tümmlern.

 

Abb. 8: Bronzeschimmel und Hickory-Varianten unter den Vielfarbigen

 

In den ersten Standards in den USA nannte man den Farbenschlag in wörtlicher Übersetzung ‚multi-colored“ (Abb. 9), bevor man ihn bei Orientalischen Rollern und anderen Rassen in ‚Almond‘ umbenannte, obwohl man diese nicht hatte.

 

Abb. 9: Standardbeschreibung für vielfarbige (multicolored) Orientalische Roller in den USA 1979

Aus der heutigen Diskussion um den Farbenschlag kann man vermuten, dass die Züchter zwei Dinge falsch eingeschätzt haben:

·         Zum einen haben sie ihre eigene Züchterkunst überschätzt. Wahrscheinlich sind sie davon ausgegangen, dass sie in wenigen Jahren Almondfarbige im Sinne der Musterbeschreibung auf breiter Front herauszüchten könnten, was nicht gelang.

·         Zum anderen haben sie nicht gesehen, dass viele Züchter der gesprenkelten Orientalischen Roller gar nicht so sehr an Almonds interessiert sind. Sie finden ihre vielfarbigen bunt gesprenkelten Tauben mindestens genauso attraktiv.

So ergibt sich die Frage, warum beide Farbenschläge in einer Rasse nicht nebeneinander mit jeweils eigener Benennung existieren können?

Die Bedeutung werbender Namen

Englischsprachig scheint ‚multi-colored für einige Züchter ‘ nicht attraktiv. Jüngere Züchter wissen gar nicht, dass dieses die ursprüngliche Bezeichnung auch in englischsprachigen Standards war. Gibt es Alternativen? Das französische ‚Arlequin‘, ‚Magnani‘ bei den Modenesern oder ‚Harlekin‘ bzw. ‚harlequin‘ im Sinne einer bunt schillernden Erscheinung findet man in alter Literatur. Die in der deutschen Literatur auftauchenden Harlekin-Mövchen und mehrfarbigen Wiener Kurzschnäbler (Sell 2015, S. 116) könnten Stippervarianten gewesen sein, nämlich Silbersprenkel bzw. Vielfarbene, wie auf den von Ladislav Seidl entworfenen Postkarten für Prager Hochflieger (Abb. 10).

Prager-Almond        

Abb. 10: Harlekins in der Darstellung bei Ladislav Seidl, Prag 2006 und Harlequin Wikipedia SAND_Maurice_Masques_et_bouffons_01

 

Literatur:

Eaton, John Matthews, A Treatise on the Art of Breeding and Managing the Almond Tumbler, London 1851.

National Pigeon Assn. Inc., Book of Pigeon Standards, Revised 1979.

Sell, Axel, Genetik der Taubenfärbungen, Achim 2015.

Sell, Axel, Pigeon Genetics. Applied Genetics in the Domestic Pigeon, Achim 2012.

Wriedt, C., und W. Christie, Zur Genetik der gesprenkelten Haustaube. Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Vererbungslehre 38 (1925), S. 271-306.