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Zum und vom Gebrauch von Symbolen für Erbfaktoren I

 

The Use of Symbols for Genes in the Domestic Pigeon I

 

Symbole als Kurzschrift und Konventionen

 Symbole dienen allgemein als Kurzschreibweise für Worte, in diesem Fall für die Benennung von Erbfaktoren. Statt „Gen für die Ausprägung einer braunen Grundfarbe“ kann man kurz b schreiben. Statt „Gen für die Ausprägung einer Hämmerung bei den Zeichnungen“ kann man kurz schreiben C, wobei das Symbol C von der englischsprachigen Bezeichnung Checker abgeleitet wurde und b von Braun bzw. englisch „brown“. Das ist in Texten hilfreich und erleichtert das Lesen, wenn der Hinweis auf das Gen sehr oft erfolgt. Es ist auch eine große Erleichterung, wenn mit Diagrammen, wie etwa dem Punnettschen Quadrat zur Verdeutlichung des Erbganges, gearbeitet wird. In dem Diagramm jeweils die Langfassung des Gens zu verwenden, kommt dem nicht mit Symbolen Vertrauten zwar entgegen, ist aber sehr aufwendig und für den Geübten eher unübersichtlich.

Ein Gen zeichnet sich dadurch aus, dass es eine Veränderung bewirkt. Veränderung von was? Damit sind wir bei der Frage des Bezugspunktes, den in der Taubengenetik die Ausprägung einer Eigenschaft beim Wild-Typ darstellt, und das ist die Ausprägung bei der Felsentaube.

 Betrachten wir die Hämmerung. Diese stellt eine Veränderung der bei der Felsentaube als dem „Wild-Typ“  vorhandenen Bindenzeichnung dar. Die Bindenzeichnung ist unsere Referenz. Betrachten wir die Grundfarbe, dann ist diese das schwarze Pigment, das bei Felsentauben graublau erscheint.

 Wissenschaft ist frei, und insofern kann jeder seine Ausdrucksweise so wählen, wie er glaubt, seine Gedanken am besten mitteilen zu können. Da der Schreiber aber verstanden werden will, ist es nützlich, sich bei der Wahl von Symbolen weitgehend an Vereinbarungen zu halten, die für einzelne Tierarten sehr ausführlich durch internationale Gremien unter dem Dach der UNESCO entworfen wurden, dabei besonders ausführlich für Labortiere wie Ratten und Mäuse.

 Danach sollten Genen kurze Symbole haben, normalerweise 3-5 Zeichen nicht überschreiten, es sollten nur römische Buchstaben und arabische Ziffern verwendet werden, sie sollten in einer Art nicht doppelt verwendet werden, sie sollten mit einem Buchstaben (und keiner Zahl) beginnen, sie sollten auch einen Bezug zur ausgeschriebenen Benennung aufweisen. Erbfaktoren, die dominant gegenüber der Ausprägung des Wildtyps an dieser Stelle im Erbgefüge sind, sollen große Anfangsbuchstaben erhalten, danach folgt eine Kleinschreibung. Erbfaktoren, die sich nur bei Reinerbigkeit zeigen (rezessive Faktoren) sollen kleine Buchstaben erhalten. Symbole sollen auch nicht ohne zwingenden Grund (neue Erkenntnisse) geändert werden (Guidelines for Nomenclature of Genes, Genetic Markers, Alleles, and Mutations in Mouse and Rat, Revised: March, 2009 (International Committee on Standardized Genetic Nomenclature for Mice)).

.Für das Symbol der Hämmerung sind die Kriterien bei den Haustauben erfüllt. Das Gen ist dominant und beginnt mit einem großen Buchstaben. Es hat eine Beziehung zur Schreib- und Sprechweise „Checker“ durch den Anfangsbuchstaben. Um es als Gen kenntlich zu machen sollte nach Möglichkeit auch die Kursivschrift gewählt werden, also C. Auch für Braun sind diese Kriterien mit dem Buchstaben b erfüllt, an der Kleinschreibung erkennbar handelt es sich um ein rezessives Gen.

 Wenn es ein weiteres Gen an einer Stelle im Erbgefüge gibt, an der wir eine erste Veränderung konstatiert haben, dann sollte es mit demselben Anfangsbuchstaben wie das erste benannt werden. Ist es im Gegensatz zur ersten Abänderung rezessiv, dann ist  die Schreibweise klein. Das trifft in diesem Fall bei den Haustauben mit der Anlage für die hohlige Zeichnung zu. Diese bewirkt, dass die Binden des Wild-Typs nicht ausgeprägt werden. Ohne Binden, in ganz alter Literatur auch ohnstrichig, sind andere Bezeichnungen. Das gewählte Symbol ist ein kleingeschriebenes c. Ist ein neu entdecktes Gen an diesem Genort dominant, dann wird mit einem großen Buchstaben begonnen und ein hochgestellter Buchstabe zur Unterscheidung eingefügt. Das ist der Fall beim „Dominanten Rot“, das eine Alternative, ein Allel, zu Braun und zur schwarzen Grundfarbe des Wild-Typs darstellt. Hier wurde zur Unterscheidung dem großen B als Zeichen der Dominanz ein hochgestelltes A angefügt (BA), wobei das A für Aschrot (Ash-red) steht. Gelesen werden kann das Symbol als Aschrot auf dem Genort, auf dem alternativ auch Braun liegt.

 Es bleibt die Frage, wie man die Ausprägung der Eigenschaft beim Wild-Typ kennzeichnet. Der Wild-Typ tritt nur dadurch in den Mittelpunkt des Interesses, weil wir eine Veränderung durch ein neu aufgetretenes oder erkanntes Gen festgestellt haben. Dieser Wild-Typ wird mit einem + gekennzeichnet. Um deutlich zu machen, welcher Genort gemeint ist, soll der Wild-Typ durch ein hochgestelltes Plus nach dem Symbol der Mutation gekennzeichnet werden. Wenn aus dem Zusammenhang ohnehin klar ist, welcher Genort gemeint ist, dann ist diese Darstellungsweise allerdings eher störend als erhellend.

 Die Kurzcharakterisierung von Genotypen durch Symbole bei den Zeichnungen und bei der Grundfarbe

 Wenn man erklären will, wie die Zeichnungen untereinander vererbt werden, dann stellt die Symbolik eine große Erleichterung dar. Wir können in unserem Beispiel durch nur zwei Buchstaben deutlich machen, wie die Erbanlagen eines Tieres bei den Zeichnungen aussehen. In der Darstellung bietet es sich an, zwei weitere Zeichen in Form von Querstrichen (//) zu verwenden. Darauf hat der Verfasser in der Vergangenheit meist verzichtet, weil die Fülle von Zeichen auf ungeübte Leser eher abschreckend wirkt. Es erinnert uns daran, dass die Gene auf Chromosomen liegen und die Jungtiere jeweils eines der Chromosome vom Vater und eines von der Mutter erhalten haben. Diese Schreibweise ist spätestens dann hilfreich, wenn man über gekoppelt vererbte Anlagen und über die Lage von Genen auf Chromosomen spricht, was für W.F. Hollander von großer Bedeutung war und was er mit Prof. Miller auch in den Artikel  „Three neglected advances in classical genetics in BioScience Vol. 45, no. 2 (February 1995) aufzeigt.

 Betrachten wir die Zeichnungen, so kann ein Tier bei den drei bisher eingeführten Zeichnungen (ich weiß, dass es daneben noch weitere gibt) entweder

+//+,

C//C,

C//+,

c//c,

c//+,

C//c sein.

Das charakterisiert eindeutig und überschaubar, dass es sich beim ersten um ein reinerbig bindiges Tier handelt, das zweite ist reinerbig gehämmert, das dritte mischerbig gehämmert mit der überdeckten Anlage für Binden, das vierte ist reinerbig hohlig (ohne Binden), das fünfte ist äußerlich zwar bindig, aber mischerbig für die hohlige Zeichnung, und schließlich ist das sechste Tier äußerlich gehämmert, aber mischerbig für die hohlige Zeichnung.

 Für die Grundfarbe ergibt sich ein Unterschied für Täuber und Täubinnen dadurch, dass diese Anlage auf dem Geschlechtschromosom liegt und das Weibchen die Anlage dadurch nur einfach erhält. Wir können die Symbolik dennoch verwenden, wobei hier aber an der Leerinformation, die durch einen Punkt (•) gekennzeichnet ist, zu sehen ist, dass es sich um ein Weibchen handelt.

 Die Schreibweise ist dann für die Täuber

+//+,

BA//+,

BA//BA,

b//b

b//+

BA//b.

 Im ersten Fall handelt es sich um ein Tier mit der schwarzen Grundfarbe, das zweite ist ein Dominant Roter, der mischerbig für schwarzes Pigment ist, der dritte ist ein reinerbig Dominant Roter, der vierte eine reinerbig Brauner, der fünfte ein Tier mit schwarzer Grundfarbe, der aber spalterbig für Braun ist, und schließlich haben wir einen Dominant Roten, der ebenfalls spalterbig für Braun ist.

Die Symbole für die Weibchen lauten:

+//•

BA//• und

b//•.

 Die Anwendung im Punnettschen Quadrat

 Auch im Punnettschen Quadrat macht sich die Symbolik gut und übersichtlich. In der ersten Spalte sind die beiden Erbinformationen des Vaters eingetragen (C//+), in der ersten Zeile die der Mutter (c//c). In den inneren Feldern finden sich die möglichen Kombinationen bei der Nachzucht. 

 

1,0 / 0,1

c

c

 

C

c // C

c // C

 

+

c // +

+ // +

 Auf die dargestellte Weise kann man alle bekannten Mutationen vorstellen und den Erbverlauf aufzeigen. In einem Punnettsches Quadrat dürfen jeweils nur Symbole von Allelen auftauchen, es wird also jeweils nur ein bestimmter Genort analysiert. Wenn man gleichzeitig zwei oder mehrere Genorte in unterschiedlichen Quadraten, aber für die selbe Paarung untersuchen will, dann taucht das Problem auf, dass man zweimal oder sogar häufiger das Symbol + hat, das jeweils ganz was andere bedeutet. Bei der Darstellung der Zeichnungen bedeutet + den Wild-Typ Binden, bei der Darstellung der Grundfarbe den Wild-Typ schwarz. 

 

1,0 / 0,1

BA

 

+

• // +

BA // +

 

b

• // b

BA // b

 Für die vom Autor gewählte Darstellungsweise der Erbgänge ist das kein sehr großes Problem. Hier wird zunächst eine Betrachtungsebene in einem Punnettschen Quadrat behandelt. Das kann die Grundfarbe sein. Danach wird die zweite Ebene behandelt, das kann die Zeichnung sein. Jedes einzelne innere Feld des Quadrates kann mit den inneren Feldern des nachfolgenden kombiniert werden. Es lässt sich unschwer eine dritte Ebene dazufügen, zum Beispiel die Wirkung des Ausbreitungsfaktors für Farbe. Jedes einzelne Element des inneren Quadrats kann wiederum mit den sich aus der Kombinatorik ergebenden vorangehenden 16 Feldern kombiniert werden. Dieses gedankliche Vorgehen wurde schon auf dem Titelblatt der Broschüre des Verfassers aus dem Jahr 1980 als didaktischer Leitfaden festgehalten und hat sich bewährt. Im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Kombination wären weitere Ausführungen im Hinblick auf tatsächliche und potentielle Koppelungen erforderlich, auf die hier verzichtet wird.

 

 Mit mehr als drei Ebenen wird kaum einmal zu arbeiten sein, meist genügt eine oder es genügen zwei. In der Überleitung bei der Betrachtung der einzelnen Ebenen sind dann vielleicht einige den Leser lenkende Hinweise auf den Bedeutungswandel von + hilfreich.

 The Use of Symbols for Genes in the Domestic Pigeon I

 In genetics in general genes are given short symbols as convenient abbreviations for speaking and writing about the genes. By this communication becomes easier and definite. Under the auspices of UNESCO guidelines were developed for the use of symbols and the denomination of genes that should be followed in communication. Those recommendations in part are required for participation in scientific discussion groups and for papers to be published in scientific journals. There exist committees for different species, but the recommendations in principle are similar. Thus genes symbols for mice e.a. shall be unique within the species, be short, shall use only Roman letters and Arabic numbers, shall begin with an uppercase letter (not a number), followed by all lowercase letters / numbers, ideally have the same initial letter as the initial letter of its gene name, well established names should not be changed without good reasons, the wild-type is designated by the gene symbol with plus as a superscript (Guidelines for Nomenclature of Genes, Genetic Markers, Alleles, and Mutations in Mouse and Rat, Revised: March, 2009 (International Committee on Standardized Genetic Nomenclature for Mice)). In pigeon science due to Doc. Hollander the symbolic in principle follows these rules and the great didacts W. F. Hollander and J. W. Quinn propagated symbols in this way in the fancy. Both used in their diagrams diagonal slashes to show a pigeons genetic makeup at a specific locus, e.g. C//+. The author of these lines in his writing in the past usually did not include these slashes. The reason was not to use too many characters to avoid confusion of the novice, however, one advantage of slashes is that they remind us on the location of the genes at two different chromosomes.

This kind of writing at last becomes meaningful when discussing linkages. Discussing a specific gene both experts, Hollander and Quinn, also used a simple + to indicate the wild-type, as does the author following this paradigm (see also Miller/Hollander BioScience 1995). In the didactic way the author deals with phenotypes that are determined by more than one group of alleles it is not necessary also in these cases to use another form of presentation. The presentation goes step by step by a combination of isolated discussed Punnett’s Squares for relevant groups of complementing alleles. The next is simple combinatorics and at every step the reader is aware what + does mean. This understanding of pigeon genetics was still expressed at the cover of the author’s booklet on “Vererbung bei Tauben“ (Inheritance in Pigeons) published in German language in 1980 (see picture above).