Deutsche Brieftaubenausstellung Januar 2016
Die Deutsche Brieftaubenausstellung war wiederum ein Magnet für
Aussteller und zahlreiche Besucher. Mit allen Sonderschauen und
Verlosungstauben zusammen mögen etwa 1.200 Tauben gezeigt worden
sein. Daneben standen in derselben Halle in der 'Revierschau' noch
einmal etwa 1.700 Rassetauben, ohne die Verkaufsschau. Gedränge gab
es nicht so sehr vor den Käfigen der Ausstellungstiere, hier
eigentlich nur bei den an den Anfang gestellten Standardtauben und
As-Tauben, sondern in der Industrieausstellung.
Die Ausstellungsklassen
An den Anfang gestellt waren die Sonderschau mit Tieren der
Deutschen Verbandsmeisterschaft 2015, der
Verbands-Jährigenmeisterschaft, des Theodor Backs-Wanderpreises für
die fünf Tiere mit der höchsten Preis-km Zahl auf den letzten 12
durchgeführten Flügen. Die Sonderschau der As-Tauben auf Bundesebene
wurde ergänzt durch die Erstplazierten der Regionalverbände. Gezeigt
wurden die Nationalflugsieger und Tiere der
Verbands-Jungtaubenmeisterschaft. Daran schlossen sich die
Leistungsklassen an, in der Klasse 1a (Täuber) und 1b (Weibchen)
z.B. Tiere mit 8-14 Preisen auf den maximal 14 durchgeführten
Preisflügen. Auch Jungtiere werden gezeigt. Den heutigen Stellenwert
der Jungtierflüge kann man daran erkennen, dass, an den Käfigen
erkennbar, in einigen Reisevereinigungen bis zu 7 Jungtierflüge
durchgeführt wurden. Auch von den Jährigen wird zunehmend das volle
Programm verlangt und erfolgreich absolviert, wie einige Tiere mit
14 Preisen bei 14 Einsätzen zeigten.
Eine Klasse für sich bildeten auch die Tauben mit einer besonderen
Lebensleistung, so in der Klasse 3a ein Täuber mit 83 Preisen und
27.685 Preis-km. In der Zahl der Preise wurde er noch übertroffen
von einem Weibchen mit 93 Preisen und 30.796 Preis-km. Diese
besondere Leistung wurde auf Stelltafeln am Eingang zur
Ausstellungshalle gewürdigt.
Aus den Leistungstauben wurden auch die Standardtauben gewählt, die
in der Handbewertung die höchste Punktzahl erhalten haben, wobei
diese traditionell bei den Standardtauben auf den Bewertungskarten
nicht ausgedruckt wird. Ausgedruckt wurde aber die Leistung, und die
war, wie bei allen in den Leistungsklassen gezeigten Tauben,
beachtlich. Der Standardtäuber hatte sich mit 11 Preisen in 2015 für
die Klasse 1a qualifiziert, die Täubin als Jährige mit 8 Preisen für
die Klasse 2b.
Standard-Männchen (no. 14) und Standard-Weibchen (301) von Günter
Winkler. Schönstes Männchen (596) 2016 von Andreas Meyer
Neben den Leistungstauben werden seit einigen Jahren zur Schau auch
Tiere zugelassen, die in reinen Schönheitsklassen miteinander
konkurrieren. Sie müssen keine Leistung durch erfolgreich
absolvierte Flüge nachweisen. Das würden sie nach der Einschätzung
nicht nur des Berichterstatters auch nicht mehr können. Der
Unterschied wurde eingangs durch das Nebeneinanderstellen der
Standardtiere der Leistungsklasse mit dem 'Schönsten Männchen 2016'
und dem 'Schönsten Weibchen 2016' deutlich, wie es im Katalog auf S.
24 heißt. Das Schönheitsempfinden ist sehr subjektiv, für den
Berichterstatter waren die Standardtiere zumindest genau so schön.
Auf den Spuren der Ahnen
Interessant ist es, auf einer solchen Leistungsschau einmal nach den
Spuren der Ahnen der modernen Brieftaube zu suchen.
Brieftaubenzüchter wissen wenig darüber, und wenn sie glauben,
darüber etwas zu wissen, dann befinden sie sich meist auf dem
Wissensstand, den Tegetmeier 1868 in seinem Taubenbuch schon
glossiert hat. Ahnen der Belgischen Brieftaube sind die Lütticher
Brieftauben. Diese wiederum entstanden aus in der Region
beheimateten groben Mövchchen mit Halskrause und längerschnäbligen
Hochfliegern und wurden schon in den 1820er Jahren in andere
Regionen zur Verbesserung dortiger Brieftaubenstämme abgegeben. Bei
der Verschmelzung der Belgischen Stämme nach 1850 sind in Antwerpen
noch einmal Hochflieger dazu gekommen. Auch die Genter Tauben dürfte
ihren Kropftaubenhintergrund und damit auch den bei einigen Tieren
immer noch auftretenden Federfuß eingebracht haben, so wie auch die
Brüsseler Brieftaube das Erbgut der Türkischen Taube in Form der
stärker ausgeprägten Bewarzung. Das Erbe der Türkischen Taube könnte
in Antwerpen nach 1850 dadurch verstärkt worden sein, dass englische
Brieftauben eingekreuzt wurden. Das daraus stammende Potential
sollte aber nicht überschätzt werden. Aus englischen Quellen wissen
wir, dass die Nachrichtenagenturen zu der Zeit für die Taubenpost
schon auf die aus Belgien stammenden kontinentalen Brieftauben
umgestellt hatten und es nur noch wenig Schläge gab, in denen
Kreuzungen von Antwerps, wie die kontinentalen Brieftauben in
England genannte wurden, mit Dragoon eingesetzt wurden.
Die Geschichte der Entstehung ist in den Büchern 'Brieftauben und
ihre Verwandten' und 'Taubenrassen. Entstehung, Herkunft,
Verwandtschaften' sowie englischsprachig im Buch 'Pigeon
Genetics' mit vielen Dokumenten nachgezeichnet worden.
Etwas überraschend war es, in der Leistungsklasse so schnell fündig
zu werden. In der Sonderschau der Verbands-Jungtaubenmeisterschaft
standen gleich zwei Weibchen, die mit 6 Preisen auf 6 Flügen ihre
Leistung nachgewiesen hatten. Darunter auch Spitzenpreise wie der 1.
Preis unter 2.517 Tauben durch das fahle Weibchen in Nr. 1108 von
Dirk und Dirk-Jan Weber, und ein 3. Preis bei 7.202 Tauben durch das
blaugescheckte Weibchen in Nr. 1104 von Manfred und Dirk Rothland.
Beide zeigten am Hals die deutlich ausgeprägte Mövchenkrause
als Erbe den 1830er Jahren als ursprüngliche Lütticher Brieftauben
angeführten Barbets. In einer der Sonderschauen stand unter den
regionalen As-Tauben in Nr. 994 ein weiteres Weibchen, eine Blaue
von Gerhard Rischmüller, die insgesamt auf 11 Flügen erfolgreich
war. Darunter hatte sie auch die zur Erringung des Titels
erforderlichen Spitzenpreise errungen. Das feine Gesicht und den
relativ langen Schnabel verdanken sie aber alle drei ihren
Hochfliegerahnen.
Tauben aus der Verbands-Jungtaubenmeisterschaft 2015 von Dirk und
Dirk-Jan Weber (1108) und Manfred und Dirk Rothland (1104)
As-Weibchen im Regionalverband von Gerhard Rischmüller (994)
Die Fußbefiederung in Form einer 'Behosung' die die Zehen
nicht mehr erfaßte, fand sich bei einem von Tino Bergemann
ausgestellten Jährigen mit 13 Preisen bei 13 Flügen und 1.058,71
As-Punkten, er war in Nr. 27 der für den Super-Star nominierten
Tauben zu sehen. Eine stärkere Belatschung, wie sie früher häufiger
auch noch in Reisetaubenstämmen vorkam, konnte man in der
Revierschau bei den Ungarischen Schönheitsbrieftauben in einer
Voliere sehen.
Als 'Super Star' unter 27 nominierte behoste Jährling von Tino
Bergemann und der unter 8 nominierte Täuber aus dem Jahr 2007 mit
starker Bewarzung von Heinrich Mersch
Die an die Brüsseler erinnernden starken Warzen, insbesondere
bei älteren Tieren, konnte man in der Sektion der für den Super-Star
nominierten Tiere bei dem von Heinrich Mersch gestellten Täuber aus
dem Jahr 2007 sehen. In seiner besten Zeit hatte er u.a. in zwei
Jahren jeweils 14 Preise bei 14 Flügen mit hohen As-Punktzahlen
erflogen.
Taubenfärbungen
Brieftauben werden durch ihre Leistung und nicht durch ihre Färbung
definiert. Es ist dennoch interessant zu sehen, welche Färbungen bei
ihnen auftauchen. Einige der raren Färbungen dürften seit der
Entstehung der modernen Brieftaube vorhanden gewesen sein, andere
dürften als Mutationen im Laufe der Zeit dazu gekommen sein. Bei den
hier gezeigten Leistungstauben mit raren Färbungen handelte es sich
mit Sicherheit um seit den Anfängen vorhandenen Varianten und um
Farbmutationen, die bei Leistungsstämmen aufgetreten sind. Sie
wurden nicht aus Rassetauben kürzlich hineingebracht, das ist eine
andere Sektion.
Die hauptsächlichen Färbungen sind Blaugehämmert in den
verschiedenen Abstufungen und Blaubindige. Bei den Gehämmerten viele
Leichtgehämmerte, die man bei den Rassetauben eher selten sieht.
Einige auch ohne Auslese mit einer schönen Säumung.
Hellblaugehämmert aus der Klasse 1b von Gerhard und Dagmar Claus
(168), Dunkelgesäumt aus der Klasse 1b von Dieter Linke (166)
Einige Tiere sind mit mehr oder weniger Scheckweiß durchsetzt.
Rotfahle, Rotfahlgehämmerte und Backsteinrote waren auch zu sehen,
scheinen aber seltener geworden zu sein, wie auch Schimmel.
Auffallend war die starke Präsenz von Genoppten, Rußigen oder 'Crayonne',
wie sie in Belgien und Holland manchmal genannt werden. Sooty
in der genetischen Literatur. Die Strichel mitunter auf den
Federschaft beschränkt, manchmal nur angedeutet wie bei den beiden
Standardtauben (s.o.), manchmal sehr stark, und manchmal auch
flächiger werdend.
Sooty mit mittelstarker Ausprägung in der Klasse 1a von Harry und
Kristian Winsen (13) und Thomas Meschkat in der Klasse 4a
(As-Punkte) mit flächiger Ausprägung (391)
Smoky
oder Rauchfarben, Schallie in Brieftaubenzüchterkreisen, taucht auch
in unterschiedlichen Varianten auf, aber nicht mit der starken
Aufhellung, die man bei einigen Rassetauben sehen kann. Auch hier
weiß man nicht, ob es sich um unterschiedliche Allele oder um den
Einfluss von modifizierenden Faktoren handelt. Einige Tiere weichen
vom Wild-Typ ab, ohne dass man sie von außen eindeutig einordnen
kann.
Smoky in der Klasse 1b (32) von Oswald Lochbrunner und aufgehellte
Variante in Klasse 1a (8) von Gerhard und Christoph Menger
Dirty
ist eine Variante, die das ganze Tier dunkler im Blau erscheinen
läßt und sich vor allem bei den Jungtieren in den ersten
Lebenswochen in dunkel angelaufenen Beinen zeigt. Das in 435
gezeigte Tier in 5b von Thomas Meschkat hatte als Jährige 11 Preise
geflogen und 462 As-Punkte erreicht.
Dirty in einer gemäßigten Variante in Klasse 5b (435) von Thomas
Meschkat, schwarz in 1b (151) von Christiane und Joachim Ebert,
schwarz gescheckt in 2b (299) von Karl-Josef Spieker
Schwarze Brieftauben
sind relativ selten und wenn, dann besitzen sie ein duffes Schwarz,
einige so als wären sie mit Mehl gepudert. Es sind keine Lackfarben.
Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass sich diese Färbung nicht
anders bei den brieftaubenverwandten Rassetauben wie Show Racer,
Exhibition Homer und Deutsche Schautauben findet.
In den Vorjahren wurden noch mehr Indigovarianten gefunden
als diesmal. Indigo ist eine sehr alte Brieftaubenfarbe, wurde aber
lange nicht als eigenständige Färbung erkannt. Der Berichterstatter
ist schon Mitte der 1970er Jahre auf diese gestoßen. Sie wurden auch
gereist und in der Brieftaube 47/1978 wurde der Unterschied zum
Brieftaubenrot und anderen Erbfaktoren aufgezeigt. Indigo kommt aus
den Brieftauben - zumindest in den reisenden Schlägen - und ist
nicht durch Kreuzungen in sie hineingebracht worden. In der
Kombination mit Schwarzen lassen sich aus Indigobindigen und hier
Indigogehämmerten auch tintenblaue Andalusierfarbene ziehen. Bronze
in den Binden zeigten einige Tiere. Ein Vogel wies rostige
Aufhellungen in den ansonsten gehämmerten Federn im Schild auf, noch
nicht das Modena-Bronze, aber in die Richtung gehend.
Indigogehämmert in
der Klasse 2b (295) von Theo und Markus Lecke und Blau mit
Bronzeanflug in der Klasse 4b (412) von Gottfried und Monika Dietl
Blaugehämmerter mit
Aufhellungen in Teilen des Schildes von Manfred Paul in der Klasse
1a (9)
Weiße
Tauben waren in der Verkaufsschau unter den Hochzeitstauben zu
sehen. Fast weiße Tauben, als Helltiger zu bezeichnet, gab es
in einem Stamm von Weitstreckentauben zu sehen. Sie hatten keine
dunklen Augen wie die weißen Hochzeitstauben, und auf weißem Grund
ganzfarbige Federn. Eine Täubin mit farbigem Schwanz, und wenn der
Eindruck von außen nicht getäuscht hat, in der bei Brieftauben
seltenen Grundfarbe Braun, was sich in der bräunlichen Schwanzbinde
andeutete.
Hellgetigerte in der
Klasse 2b (531 und 533) von Frank Reisen
Farbliche
Aufhellungen, die an spalterbige kennfarbige Täuber und kennfarbige
Weibchen denken lassen, gibt es nicht nur bei den
Schönheitsbrieftauben, sondern auch in reisenden Schlägen. Bei
einigen Tieren war die Aufhellung im Bindenbereich so stark, dass
die Tiere an reinerbige Frosty denken ließen. Sie sind in den
USA bei Brieftauben vorhanden, in der Rassetaubenzucht kennt man sie
als Blau- und Graugrundige bei Thüringer Einfarbigen. Ausschließen
kann man aber auch nicht, dass es sich um andere Mutationen handelt.
Fadedartige Täubin
in Klasse 3b (369) von Bruno Spielberger und Frostyartiger in der
Klasse 5a (421) von Karl-Josef Spieker
Interessant und auch
leistungsstark sind die hier gezeigten Farbvarianten allemal, wie
man an den Leistungsnachweisen erkennen konnte. Wer Tauben nur
deshalb behält, weil sie eine schöne oder seltene Farbe haben, tut
sich in einem auf Erfolg ausgerichteten Schlag sicherlich keinen
Gefallen. Wer Tauben nur deshalb aussondert, weil sie keine Blauen
oder Blaugehämmerten sind oder eine weiße Feder besitzen, tut sich
aber genauso wenig einen Gefallen.
Die
Schönheitstauben
Auf die
Schönheitsbrieftauben unter den Brieftauben wurde bereits
hingewiesen. Zu übersehen sind sie nicht, denn sie machten schon
etwa 30% der gezeigten Tiere aus. Der körperliche Unterschied
zwischen Reisetauben und Schönheitstauben ist inzwischen
beträchtlich geworden. Wenn man sich die Bewertungen anschaut und
die Handbewertung ein Ausdruck für das Leistungsvermögen sein soll,
dann sollte man wegen der höheren Bewertung wohl besser die
Schönheitstauben auf die Reise schicken. 94 Punkte erreichten wenige
der Leistungstauben.
Schönheitsbrieftaube
in Klasse 7a (619) von Reinhard Schulz und Klasse 7b (655) von Bernd
Knüfer
Zertifikat der
Schönheitsbrieftaube aus Käfig 655 in Handbewertung
Bei den Färbungen
überwiegen 'softe' Färbungen, auch Färbungen, die Ähnlichkeit mit
kennfarbigen Weibchen der Texaner und spalterbigen blauen und
blaugehämmerten faded Männchen der Texaner haben. Auch Lichtblaue
wurden gezeigt, die in der hellen Färbung den in der Revierschau
gezeigten Polnischen Ausstellungsbrieftauben entsprachen, aber auch
die für viele Schönheitsbrieftauben typische Aufhellung in den
Zeichnungen (hier die Binden) besaßen.
Schönheitsbrieftaube
in der Klasse 7b (647) von Martin Kasprzyk und in der Klasse 8a
(752) von Gerd Müller. Zum Vergleich einer Polnische
Ausstellungsbrieftaube von Marc Brinkwirth aus der Revier-Schau.
Das große Interesse
an den Brieftaubenartigen zeigte sich auch bei den Rassetauben, bei
denen diese Gruppe vor allem durch Show Racer und Niederländische
Schönheitsbrieftauben bereits 22% der Meldungen ausmachte.
Literatur zum
Thema:
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